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CO₂-Budget und -Emissionen von Ravensburg (Landkreis und Stadt)

Das Pariser Klimaabkommen aus dem Jahr 2015 sieht eine Reduktion klimaschädlicher Treibhausgasemissionen für die Weltgemeinschaft vor, damit die globale Erhitzung deutlich unter 1,5 °C bleibt.

Dieses Ziel wurde beschlossen, da sonst zu befürchten ist, dass Kippelemente des Öko- und Klimasystems ausgelöst werden. Überschreiten wir diese 1,5 °C Erhitzung, kann eine Spirale des sich selbst verstärkenden Klimawandels entstehen. Die Bundesrepublik hat dieses Papier unterschrieben.

Die Klimaschutzziele der Stadt Ravensburg und des Landkreises Ravensburg sind jedoch völlig unzureichend, um innerhalb des CO₂-Budgets zu bleiben, welches uns laut dem IPCC-Bericht anteilig noch als Stadtgemeinschaft zustehen würde. Bis zum Jahr 2040 plant die Stadt Ravensburg mehr als 4 Millionen Tonnen CO₂ zu emittieren. Ihr steht insgesamt aber nur noch eine Menge von 2 Millionen Tonnen zu. Diese Menge wird laut städtischer Zielsetzung bis 2024 emittiert sein! Dies ist Unrecht, und deswegen sind wir hier.

Welches Budget verbleibt uns?

Laut dem IPCC-Sonderbericht von 2018 hat die Weltgemeinschaft ein Emissionsbudget von 420 Gigatonnen an CO₂, um mit einer ⅔-Wahrscheinlichkeit die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu beschränken.

Deutschland hat einen Anteil von 1,1% an der Weltbevölkerung. Dementsprechend standen Deutschland Anfang 2018 4,6 Gigatonnen zu.

In den Jahren 2018 und 2019 emittierte Deutschland jährlich etwa 0,8 Gigatonnen. Also stehen im Jahr 2020 Deutschland noch etwa 3 Gigatonnen zu.

0,06% Prozent der deutschen Bevölkerung lebt in der Stadt Ravensburg. Damit steht der Stadt Ravensburg ab 2020 ein Rest-CO₂-Budget von 0,0018 Gigatonnen zu. Das sind 1,8 Millionen Tonnen CO₂. Entsprechend steht dem Landkreis ein Restbudget von 10 Millionen Tonnen CO₂ zu.

Wann wird das CO₂-Restbudget bei den derzeitigen Emissionen aufgebraucht sein?

Die Stadt Ravensburg verursacht 0,43 Milllionen Tonnen CO₂ pro Jahr (Stand 2017). Damit ist das Restbudget 2024 aufgebraucht.

Für den Landkreis sieht die Rechnung ganz ähnlich aus: Der Landkreis Ravensburg verursacht 2,5 Millionen Tonnen pro Jahr (Stand 2012). Damit ist das Restbudget 2024 aufgebraucht.

Im Übrigen ist es schon ein Skandal an sich, dass keine neueren Zahlen verfügbar sind: Es kann nichts kontrolliert werden, was nicht gemessen wird!

Was sind die aktuellen Klimaschutzziele?

Der Gemeinderat der Stadt Ravensburg beschloss am 28. Juli 2020, bis 2040 klimaneutral zu werden, die Emissionen also auf Nettonull zu reduzieren. Bei einer angenommenen linearen Reduktion plant die Stadt Ravensburg also, ab 2020 noch 4 Millionen Tonnen CO₂ zu verantworten. Das ist das Doppelte der CO₂-Menge, die Ravensburg noch zusteht.

Der Landkreis Ravensburg hat sich gar keine Klimaneutralität zum Ziel gesetzt. Er plant nur, bis 2022 die Treibhausgasemissionen in Bezug auf 1990 um 40 % zu senken. Ein Ziel für die Jahre ab 2023 ist nicht beschlossen. Es klafft also nicht nur eine gewaltige Umsetzungslücke, sondern sogar noch eine gewaltige Ambitionslücke.

Kritik

  1. Der Landkreis Ravensburg hat Industrie und stellt Güter für andere Städte her. Es wird gelegentlich argumentiert, dass die bei der Produktion anfallenden CO₂-Emissionen auf das Konto derjenigen Städte, in denen die Produkte konsumiert werden, geschlagen werden sollten. Für Ravensburg sind diesbezüglich leider keine Zahlen bekannt, wohl aber für Deutschland als Ganzes. Diese Betrachtungsweise führt aufgrund der Vielzahl CO₂-intensiver Importe zu einem geringeren Restbudget.
  2. Die Rechnung basiert auf dem IPCC-Report. Dieser ist weichgewaschen. Alle UN-Nationen mussten ihm zustimmen, auch etwa Saudi-Arabien. Viele europäische Studien kamen zum Schluss, dass das Welt-CO₂-Budget viel geringer ist als in dem Sonderbericht von 2018 angegeben. Es wird auch erwartet, dass der nächste IPCC-Report viel geringere Margen angeben wird.
  3. Die Rechnung beginnt willkürlich mit 2020 als Referenzdatum. Wir könnten auch 1850 als Referenz nehmen — denn für den Treibhauseffekt kommt es auf die Gesamtmenge CO₂ an. Dann kommt aber heraus: Deutschland überschritt sein Budget schon vor vielen Jahrzehnten. Das ist eine Erkenntnis, die nur zu Lähmung führt: Im Baumhausklimacamp haben wir die Position: Klar, in der Vergangenheit wurde deutlich zu wenig eingespart. Aber Vergangenes ist Vergangenes. Es ist wichtig, jetzt entschlossen zu handeln. Kritik an früherer Politik lenkt nur ab.