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Pressemitteilung aus der Altdorfer Waldbesetzungsgemeinschaft vom 25.2.2022

Waldverteidigung bei Oberankenreute: Jetzt melden sich Anwohner*innen zu Wort

Sonntagabend besetzte eine Gruppe aus Aktivist*innen aus der Altdorfer Waldbesetzungsgemeinschaft, zu der auch Martin Lang (54) aus Oberankenreute gehört, ein akut rodungsbedrohtes Waldstück bei Oberankenreute. Mittwochmorgen räumte die Polizei ohne vorherige Ankündigung mit einem Großaufgebot aus zwei Hundertschaften die vier Menschen, parallel begann die Rodung. Der Wald musste für die Erweiterung der Tullius -Kiesgrube weichen; dpa berichtete über die Räumung. Nun melden sich Anwohner*innen zu Wort.

Die Interviews führte Samuel Bosch (19) aus der Altdorfer Waldbesetzungsgemeinschaft. Er stellt gerne den Kontakt zu den Anwohner*innen her. Auch Audioaufzeichnungen der Gespräche können zur Verfügung gestellt werden.

Portrait einer Anwohnerin: Rosemarie Vogt (69) aus Weingarten

Rosemarie Vogt ist im Schussental aufgewachsen und wird dieses Jahr 70. Nach der Rodung besetzte sie selbst einen Baum im Altdorfer Wald. Wie es dazu kam, erzählt sie hier.

„Ich habe als Kind, als Jugendliche, als Mutter mit Familie immer im Schussental gewohnt.“ Der Altdorfer Wald war ihr immer sehr wichtig: „Es ist ein gut gewachsener Wald. Ich wandere, ich radle, ich fühl mich wohl im Wald.“ Früher war Vogt auch beruflich mit Kindern und Jugendlichen im Wald. „Die hatten immer eine riesige Freude, wenn wir im Wald waren.“

„Von der Räumung erfuhr ich aus dem Radio. Ich kann das Aufgebot von mehr als 30 Polizeiautos, von Kriminalpolizei und SEK nicht verstehen. Ich bin entsetzt! Die vier Menschen in den Bäumen sind doch bekannt. Das sind friedliche Menschen, die nur unseren Wald und unser Kies schützen wollten.“

Nach der Rodung war Vogt innerlich aufgewühlt. „Ich wollte eine lange Wanderung im Wald machen, um wieder herunterzukommen. Ich musste unbedingt die Rodungsfläche mit eigenen Augen sehen. Ich bin auf einen Baum geklettert und habe lange, lange Zeit in diesem Wald zugebracht und mir Gedanken gemacht: Was bewegt Menschen dazu?“

„Ich bin überzeugt, dass die Polizei gute Arbeit leistete. Aber wer steckt hinter diesen unverhältnismäßigen Maßnahmen? Das geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Täglich denke ich dran, nachts wache ich auf, das kann ich nicht verstehen.“

Vogt ist überzeugt: „Es gibt so viele Menschen im Schussental, die entsetzt sind, wenn sie an das Ausmaß dieser Rodungen denken, die nicht verstehen können, wie man mit Luft und Wasser angesichts der Überschwemmungen im Ahrtal, angesichts dieser Starkniederschläge hier im Schussenbecken, angesichts der kürzlichen Stürme umgeht. Die Menschen verstehen nicht, wieso dann solche maßlosen Rodungen stattfinden dürfen.“

„Diese Bäume schützen und speichern unser Regenwasser. Wer soll denn das Schussental schützen, wenn die Bäume nicht mehr sind? Es ist unglaublich, was da passiert. Das bricht mir das Herz.“

Trauerübernachtung im Altdorfer Wald

Erschüttert von der Rodung des Waldstücks bei Oberankenreute ist auch Milan P. (Name geändert), der bei Bad Wurzach wohnt. Für ihn ist der Altdorfer Wald ein wichtiger Bezugsort.

Milan P. erfuhr von der Rodung von den Social-Media-Kanälen der Aktivist*innen. Er ist in tiefer Trauer über die gefallenen Bäume. Allein und auf eigene Faust entschloss er sich dazu, eine Trauernacht bei den gerodeten Bäumen zu verbringen. „Unter ihnen befanden sich auch uralte Eichen und Buchen“, so P. Nachts wurde er von Menschen vertrieben, ob Polizeibeamt*innen oder Dritte konnte er in der Dunkelheit nicht erkennen.